Sind Xoloitzcuintle Qualzuchten?


 

Bei der Recherche über die Geschichte der Nackthunde stößt man unweigerlich auch immer wieder auf das Thema „Qualzucht“. Gerade dieser Punkt scheint, was die Vorurteile bezüglich der Nackthunderassen betrifft, mit am häufigsten angeführt zu werden. Aber was genau steckt dahinter? Kann man die Rasse der Xolos tatsächlich als Qualzucht bezeichnen?

 

 

 

Hierzu sollten wir uns erst einmal dem Begriff „Qualzucht“ näher anschauen:

 

Definition: Zucht von Tieren, bei der deren Schmerzen, Fehlbildungen u. a. gesundheitliche Schäden aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen werden

 

 

 

Der Definition nach zu Folge sind Qualzuchten also solche Zuchten, in denen Menschen bewusst bestimmte Merkmale der Tiere durch Zuchtselektion und gezielte Verpaarung hervorheben oder unterdrücken, wodurch den Tieren selbst ein Nachteil in Form von Schmerzen, Fehlbildung und gesundheitliche Schäden entsteht. Ferner gehören für mich persönlich aber auch die Tiere dazu, die bedingt durch die menschliche Zucht, so weit verändert werden, dass sie auf Grund ihrer veränderten Merkmale nur noch in Gefangenschaft bzw. Haltung durch den Menschen überleben können (Beispiel: Scaleless-Züchtung bei Schlangen).

 

 

 

In der Natur kommt es evolutionsbedingt immer mal wieder zu Mutationen. Und das ist auch gut so, wie sonst hätte sich der Homo sapiens soweit entwickeln und an die verschiedenen Lebensräume anpassen können? Selbiges gilt natürlich auch für die Flora und Fauna. Natürlich sind nicht immer alle Mutationen Vorteilhaft, so entstehen durch genetische Fehler auch Krankheiten, Einschränkungen und Behinderungen.

 

Gerade in der Natur haben solche Mutationen, die mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen, keine hohe Überlebenschance und breiten sich entsprechend auch nicht wirklich aus.

 

Wenn nun aber eine Mutation für ihren Träger Vorteile mit sich bringt, zum Beispiel eine bessere Anpassung an klimatische Verhältnisse oder auch einen körperlichen Vorteil und dadurch mehr Erfolg bei der Jagd, dann sichern sie das Überleben des Trägers und breiten sich, bei entsprechender Fortpflanzung, weiter aus, vor allem dann, wenn die Vererbung dieser Mutation Dominat ist. Schlicht und ergreifend: Evolution!

 

 

 

Wie sieht es nun also bei unseren Xoloitzcuintles aus?

 

Schauen wir uns zuerst einmal die Genetik an: Die Genetische Mutation für die Haarlosigkeit (Canine Ectodermic Dysplasia, CED)  ist eine Duplikation eines Segmentes des Gens FOXI3 im Chromosom 17 und wird als ein monogenes autosomal semidominantes Merkmal vererbt.

 

Semidominat bedeutet in diesem Fall, dass der Phänotyp (die sichtbare Veränderung am Hund) der heterozygoten Hunde eine „Mischung“ aus dem homozygoten dominanten (komplett haarlos und nicht Lebensfähig) und den homozygoten rezessiven Hunden (behaart) ist.

 

Zur Erklärung: Homozygot dominante Embryonen enthalten zwei Kopien des mutierten Allels und sind somit nicht lebensfähig (Letalfaktor). Sie sterben noch vor der Geburt und werden resorbiert.

 

 

 

Um das ganze einmal anhand der mendeleschen Regel zu erklären:

 

  • Für das mutierte dominante Gen der Haarlosigkeit nehmen wir das O

  • Für das rezessive Gen der Behaarung nehmen wir das o

 

 

 

Verpaaren wir nun also zwei unbehaarte Xoloitzcuintle (Oo x Oo) kämen wir auf folgende genetische Verteilung bei den Welpen:

 

  • 25% OO (haarlos, homozygot dominant und somit nicht Lebensfähig)

  • 50% Oo  (haarlos, trägt aber die Veranlagung zur Behaarung im Genotyp)

  • 25% oo   (behaart)

 

 

 

Demnach fallen in jedem Wurf, auch bei der Verpaarung von haarlosen Xolos, immer auch rund ein Drittel der Welpen behaart aus.

 

 

 

Da der Ursprung der Xolos in Mittelamerika liegt, also in einer äußerst warmen Klimazone, können wir davon ausgehen, dass die dort auftretende genetische Mutation durch aus ihre Vorteile hatte: Die nackten Xolos kommen bei der Wärme deutlich besser zurecht, da sie, im Gegensatz zu behaarten Hunden, am ganzen Körper schwitzen können. Selbst bei hohen Temperaturen sieht man nackte Xolos so gut wie nie Hecheln. Des Weiteren sind Xolos ohne Fell deutlich immuner gegen Hautparasiten jeglicher Art. Die äußerst robuste Haut ist genauso widerstandsfähig wie die Oberfläche von behaarten Hunden.

 

So gesehen haben wir es also mit einer recht alten Rasse zu tun, deren Mutation den Hunden nicht nur Vorteile gebracht hat, sondern auch ganz ohne den Einfluss von Menschen entstanden ist und sich entsprechend ausgeweitet hat.

 

 

 

Meiner Meinung nach kann man in dieser Hinsicht also definitiv nicht von einer Qualzucht sprechen, sondern eher von einer mutationsbedingten Anpassung – und das würde dann tatsächlich eher in den Bereich Evolution fallen.

 

Nachdem die Rasse der Xoloitzcuintle durch den Einfluss der westlichen Zivilisation fast vollständig ausgerottet wurde, finde ich es nun mehr als angebracht, dass diese alte und sehr gesunde Rasse nun doch innerhalb der letzten Jahre durch entsprechende Zucht gerettet worden ist. Denn etwas so altes und faszinierendes ist nicht nur ein Teil unserer Geschichte, es sollte definitiv auch ein Teil unserer Zukunft sein und gehört somit geschützt!